WASSERKRAFT Regional. Ökologisch. Gut.

Ökologie

Am ökologischen Nutzen der Wasserkraft scheiden sich die Geister.

Unerschöpfliche Energie im Einklang mit der Natur
WKA Rechtenstein (Bild: Fa. Reitter)

Je mehr Informationen gesammelt und veröffentlicht werden, desto komplexer wird der Sachverhalt. Die Wasserkraft erzeugt beständig CO2 freien Strom, stabilisiert lokale und regionale Netze in einem fluktuierenden Strommix u.v.m.
Gleichzeitig stellt jeder menschliche Eingriff in ein Gewässer eine Störung in den natürlichen Wasserhaushalt dar. Immer, und sei er auch noch so klein. Die Natur sucht sich dann ihre Nischen und zeigt ihren starken Willen, zu leben und sich weiterzuentwickeln.

Daher gibt es keine Pauschalantwort, ob die Wasserkraft immer nützt oder immer schadet. Es geht darum, im Einzelfall zu prüfen, was am jeweiligen Gewässer und Standort unter den gegebenen Umständen möglich, machbar und sinnvoll ist. Es geht darum, Lösungen zu finden, die die Nachteile aufwiegen und die gesamtgesellschaftlichen Vorteile nicht mindern, sondern sogar erhöhen.

„Seit Jahrhunderten nutzen Menschen die Kraft der Flüsse und Bäche zur Energiegewinnung.
Unerschöpflich, sich immer wieder erneuernd, scheint die Stromerzeugung durch Wasserkraft jene Form von neuer Energie zu sein, die sich alle Umweltschützer wünschen – eine echte Alternative zur Nutzung fossiler Energieträger und damit ein wichtiger Beitrag zur Unabhängigkeit von Kohle und Atom. Und doch hat sich an der Nutzung der Wasserkraft zur Stromgewinnung ein erbitterter Streit zwischen Naturschützern und Wasserkraftlobbyisten entzündet, der bis weit in die Umweltverbände hinein reicht.“
(Deutsche Umwelthilfe; https://www.duh.de/projekte/netzwerk-lebendige-fluesse/wasserkraft/)

Die Europäische Wasserrrahmenrichtlinie (WRRL) und ihre Umsetzung ins Wasserhaushaltsgesetz (WHG §§ 33-35) machen strenge Vorgaben und stellen gewässerökologische Belange in den Vordergrund. Die Zuständigkeit für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinien liegt bei den Ländern.

Betreiberinnen und Betreiber werden durch landesbehördliche Vorschriften verpflichtet, für die Verbesserung der Situation an unseren Fließgewässern zu sorgen. Seit vielen Jahren kommen Betreiberinnen und Betreiber dem nach, indem sie Maßnahmen planen und umsetzen, die es ermöglichen, die Schnittmenge zwischen erneuerbarer Stromerzeugung und ökologischen Belangen des Gewässers zu vergrößern. Dies ist mit hohen Planungs-, Umsetzungs- und Wartungskosten verbunden (siehe Ökonomie).

Wo Kraftwerksbetreiberinnen und -betreiber und das Land im Sinne von Natur- und Klimaschutz zusammenarbeiten, entstehen win-win Situationen. Diese sind zielorientiert und kosteneffizient.

Die Durchwanderbarkeit der Flüsse ist für viele Fischarten und andere Wasserlebewesen wichtig, um in ihren jeweiligen Entwicklungsstadien das angemessene Umfeld zu haben. Dabei wird die Durchgängigkeit auch durch natürliche Gegebenheiten, wie Wasserfälle, Verklausungen oder Biberdämme beeinflusst. Im Bereich der Wasserkraft gibt es verschiedene Möglichkeiten, Fischen den Auf- und Abstieg am Kraftwerksstandort zu ermöglichen. Im Folgenden stellen wir verschiedene Methoden vor, die es ermöglichen Klima- und Naturschutz in Einklang zu bringen.

Dafür ist es wichtig, dass im Abwägungsprozess (WHG § 22: „Der Ausgleich ist unter Abwägung der Interessen der Beteiligten und des Wohls der Allgemeinheit sowie unter Berücksichtigung des Gemeingebrauchs nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen.“) bei ökologischen Maßnahmen nicht nur ein Vertreter der Fischerei, sondern auch ein Klimaschutzbeauftragter, wie z.B. in Art 11 (4) Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg vorgesehen, frühzeitig in den Prozess mit einbezogen wird.

Mindestwasser


Damit Gewässerstrecken im Kraftwerksbereich nicht trocken fallen, wird eine ökologische Mindestwassermenge, meist über den Fischaufstieg und über die Wehranlage, abgegeben. Sodass im eigentlichen Flussbett immer genügend Wasser vorhanden ist. Klimawandelbedingte Extremwetterereignisse wie langanhaltende Trockenheit führen jedoch immer häufiger dazu, dass die verfügbare Wassermenge so gering ausfällt, dass Wasserkraftanlagen immer häufiger abgeschaltet werden müssen.


 

Fischaufstieg


Schlitzpass, raue Rampe, Umgehungsgerinne, Beckenpässe, Fischlifte sind verschiedene Möglichkeiten um den Fischen den Aufstieg zu ermöglichen. Welche Maßnahme die richtige ist, hängt von den Standortfaktoren wie den vorhandenen Fischarten, dem Gefälle, der Beschaffenheit des umliegenden Geländes, sowie den hydrologischen Gegebenheiten ab.


 

Fischschutz, Fischabstieg


Geeigneter Feinrechen vor der Turbine, geeignete hydraulische Verhältnisse vor dem Feinrechen, Fischabstiegsanlagen, regelmäßige Spülungen am Leerschuss.


 

Das WHG schreibt dazu vor:

§ 33 – Mindestwasserführung

Das Aufstauen sowie das Entnehmen und Ableiten von Wasser ist nur gestattet, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die erforderlich ist, um nachfolgende Ziele zu erreichen:

  • Die Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Gewässers als Lebensraum für Tiere und Pflanzen soll erhalten bleiben bzw. verbessert werden.
  • Verschlechterungsverbot
  • Es soll ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten bzw. erreicht werden.
  • Davon kann abgewichen werden wenn:

Die Gewässer durch menschliche Tätigkeiten so beeinträchtigt oder ihre natürlichen Gegebenheiten so beschaffen sind, dass die Erreichung der Ziele unmöglich ist oder mit verhältnismäßig hohem Aufwand verbunden wäre (§30 Abs.1)

§ 34 – Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer

Die Durchgängigkeit an der Stauanlage muss nach dem Maßstab der §27 und §30 umgesetzt werden.

§ 35 – Wasserkraftnutzung

Die Wasserkraftnutzung darf zugelassen werden, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden. Das heißt jedoch im Umkehrschluss nicht, dass ein absoluter Schutz von jeglichen Fischschäden gefordert ist, sondern Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik.

Das Forum Fischschutz und Fischabstieg (www.forum-fischschutz.de) des Umweltbundesamtes bietet Anlagenbetreiberinnen und -betreibern, Fischerei- & Umweltverbänden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Planerinnen und Planern die Möglichkeit zum Austausch über Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Unklarheiten.

Aus den unterschiedlichen Forderungen wurde ein gemeinsames Positionspapier als „Empfehlung des Forums“ erarbeitet:  https://forum-fischschutz.de/sites/default/files/Bericht_Empfehlung_des_Forums_online.pdf

  • Wasserkraftanlagen verhindern Erosion und Eintiefung durch Entnahme überschüssiger Energie: Fast alle Flüsse in Deutschland wurden im Zuge der Industrialisierung, Schiffbarmachung und Besiedlung künstlich begradigt. Bestünden noch die ursprünglichen Mäander der Flüsse, könnten sie sich nach Bedarf ausbreiten und nach Belieben umgestalten. Aufgrund des Flächennutzungsdrucks wird ein großflächiger Rückbau der Flussbette nicht möglich sein und sich auf einzelne punktuelle Maßnahmen beschränken müssen (siehe hierzu die Vorträge bei der Fachtagung „Vitale Gewässer in Baden-Württemberg“, Donaueschingen Oktober 2019, LUBW). An den Stellen, an denen die Rückgewinnung des ursprünglichen Flussbettes nicht möglich ist, springt die Wasserkraft ein.
  • Um die Subsistenzfunktionen dauerhaft zu gewährleisten, ist es nötig, gleichzeitig und multifunktional die Naturprozesse (lokaler und kurzgeschlossener Wasser- und Stoffhaushalt, Temperaturausgleich und Bodenfruchtbarkeit) auf der gesamten Landesfläche aufrechtzuerhalten. Kleine Wasserkraftwerke leisten einen wichtigen Beitrag zur Steuerung des Landschaftswasserhaushaltes (Niedrig- und Hochwasser), des Klimaschutzes und Bodenschutzes ihres Einzugsgebietes (siehe Prof. Dr. Ripl (2004) Studie zur ökologischen Bewertung von kleinen Wasserkraftanlagen. Systeminstitut Aqua Terra (SAT) e.V.).
  • Ertüchtigung und behutsamer Ausbau der Anlagen der Kleinwasserkraft, die an Stauwehren liegen, sorgen für ein ausgeglichenes Mikroklima durch natürliche Verdunstung, ökologisch wertvolle Uferrandbereiche mit Brutbereichen für Fische, Amphibien und Insekten und als Folge davon einer größeren Vogelpopulation (Prof. Dr. Ripl (2004) Studie zur ökologischen Bewertung von kleinen Wasserkraftanlagen. Systeminstitut Aqua Terra (SAT) e.V.). Beim Neubau, Umbau oder der Ertüchtigung von Wasserkraftwerken wird das gesamte Ökosystem der Umgebung in die Planung miteinbezogen und es werden Maßnahmen getroffen, um dieses zu bewahren. Dadurch werden die Lebensräume von Pflanzen, Fischen und anderen Lebewesen nachhaltig geschützt.
  • Kleinwasserkraftanlagen sorgen mit ihren Stauwehren für einen deutlich besseren und stabileren Grundwasserspiegel, von dem die Vegetation nur profitieren kann, und erhalten und schaffen Feuchtbiotope und Auewälder (siehe Prof. Dr. Ripl (2004) Studie zur ökologischen Bewertung von kleinen Wasserkraftanlagen. Systeminstitut Aqua Terra (SAT) e.V.).
  • Kleinwasserkraftanlagen sorgen mit ihren Stauwehren für eine bessere Handhabung von Hochwassern (Stauung und kontrolliertes Ablassen).
  • Im Zuge des Klimawandels und zunehmenden Starkregens können durch den Zubau von Wasserspeichern (bes. in Trogtälern) neue Kapazitäten für Strom aus Wasserkraft geschaffen werden, an topografisch günstigen Standorten evtl. auch durch Pumpspeicherkraftwerke.
  • Kleinwasserkraftanlagen sind aus technischen Gründen meistens an natürlich vorhandenen Schwellen erbaut und sind seit Jahrhunderten Bestand unserer Kulturlandschaft. Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg mehr als 17.500 Querverbauungen, mittlerweile wird nur noch an 1.601 Standorten eine Wasserkraftanlage mit einer Leistung unter 1 MW betrieben (siehe Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16/2938 & Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16/4669 & Reiss et al 2017 mit jeweils Bezügen zum Anlagenkataster Baden-Württemberg).
  • Für jede regenerativ gewonnene Leistungseinheit wird die mehrfache Menge an Abwärme erspart, da fossile Anlagen einen um ein Vielfaches geringeren Wirkungsgrad haben. Je kW installierte Leistung in Wasserkraft, wird täglich eine nicht unerhebliche Menge an Asche bzw. Staub, Schwefeldioxyd und Stickoxide vermieden!
  • Wasserkrafttechnik funktioniert fast ausschließlich mit heimischen Rohstoffen und auch die Auswirkungen sind rein lokal und punktuell zu verorten (wenn die Durchgängigkeit geschaffen ist). Somit werden keine Probleme wie Naturzerstörung und Ausbeutung von Rohstoffen ins Ausland verlagert, wie etwa beim Abbau seltener Erden aus Mosambik oder China. Hinzu kommt, dass die Wasserkraft als heimische Energie Deutschland unabhängiger von Importen macht (Nationale Energiereserve, kein Krieg für Öl).
    Dadurch übernimmt Deutschland echte Verantwortung für seinen Energiebedarf und es werden keine externen Effekte im Ausland produziert.